Kostendeckende Finanzierung ambulanter Augenmuskeloperationen

Pressemitteilung der Gesellschaft für Strabologie, Neuroophthalmologie und Kinderophthalmologie

Mit großer Besorgnis haben Augenärzte, welche Patienten mit Strabismus behandeln, den neuen Vertrag §115b SGB V (AOP-Vertrag) vom 21.12.2022 zur Kenntnis genommen. In diesem haben die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV Spitzenverband beschlossen, Operationen zur Korrektur von Fehlstellungen der Augen (Strabismus, Schielen) nun fast ausnahmslos ambulant durchführen zu lassen. Eine Rücksprache mit den medizinischen Fachverbänden fand nicht statt.

Wir begrüßen es grundsätzlich, Augenmuskeloperationen überwiegend ambulant durchzuführen, sofern dies ohne Qualitätseinbußen und Gefährdung des Sehorgans zu einer kosteneffizienten Versorgung der Patienten beitragen kann.

Die derzeitige Kalkulation der Gebührenordnungspositionen (GOP) im EBM ist jedoch für alle Operationen an den Augenmuskeln (OPS 5-10) defizitär. Framme et al. (Die Ophthalmologie 2020) kommen zu dem Ergebnis, dass ambulante Eingriffe an Augenmuskeln ca. um den Faktor zwei bis drei unterfinanziert sind. Daher werden Augenmuskeloperationen fast nur an Universitätskliniken durchgeführt, aktuell zum überwiegenden Teil noch stationär. Um diese medizinisch notwendigen
Operationen für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse zukünftig überwiegend ambulant durchführen zu können, muss die Vergütung ambulanter Augenmuskeloperationen zwingend und zeitnah angepasst werden.

Eine unzureichende Vergütung wird dazu führen, dass Augenmuskeloperationen auch an Universitätskliniken nicht mehr in benötigtem Maße durchgeführt werden können. Der Bedarf an Korrekturen von Augenfehlstellungen übersteigt schon jetzt das Angebot. Wartezeiten auf einen Operationstermin betragen oft 12 Monate, an manchen Kliniken bis zu zwei Jahren. Wir erwarten nicht, dass defizitäre Leistungen seitens der Klinikverwaltungen und schon gar nicht in der freien Ärzteschaft auf Dauer angeboten würden. Ein Verlust an medizinischer Erfahrung und Expertise auf dem Gebiet der Schielbehandlung wäre wahrscheinlich.

Die Folgen für Patienten, die u. a. unter Doppelbildern, Kopfzwangshaltung, Schwindel, Berufsuntauglichkeit oder Verlust der Fahrtauglichkeit leiden wären unannehmbar (Doppelbilder werden bei Gutachten wie einseitige Erblindung gewertet). Bei Kindern besteht zudem die Gefahr von Komplikationen wie Sehminderung (Amblyopie) und Verlust des räumlichen Sehens, die irreversibel sein können. Die psychosoziale Belastung durch das Schielen, die mit einem verminderten Selbstwertgefühl, psychischen Erkrankungen (besonders Depressionen) und Benachteiligung z. B. auf dem Arbeitsmarkt oder beim Schließen von Freundschafen/Partnerschaften einhergeht, muss ebenfalls als Konsequenz einer eingeschränkten Versorgung bedacht werden. Die Kalkulation darf nicht nur anfallende Personal-, Sach- und Raumkosten der Operation, sondern muss ebenso den besonders hohen diagnostischen Aufwand einer orthoptischen Vor- und Nachuntersuchung berücksichtigen.

Die kostendeckende Vergütung der Augenmuskeloperationen ist Voraussetzung für eine zukunftsorientierte Versorgung von Patienten mit Augenfehlstellungen und Augenbewegungsstörungen in Deutschland.


Kontakt:
Prof. O. Ehrt, Vorsitzender der GSNK

(oliver.ehrt@med.uni-muenchen.de)
20.03.2023

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